Lotta Wirbelwind

Lotta ist ein fröhliches 11-jähriges Mädchen. Sie lacht viel und ist eigentlich nie schlecht gelaunt. Sie wohnt mit ihren Brüdern Frederik (5) und Valentin (2)  sowie ihren Eltern Anna und Bernd Wenisch in Partenstein.

Lotta kam bereits behindert auf die Welt, doch zunächst bemerkte dies niemand. Sie entwickelte sich dann jedoch verzögert, bekam mit 6 Monaten zunächst unterstützend Physiotherapie, um diese Defizite auszugleichen. Das Drehen und Aufsetzten fiel ihr schwer. Und auch die Sprachentwicklung wollte einfach nicht einsetzten bei ihr.

Im Alter von 2 Jahren bekam die Familie dann endlich die Diagnose: Eine spontane Genmutation, genauer eine chromosomale Translokation, war verantwortlich für Lottas Auffälligkeiten und Defizite.

Nicht einmal die Ärzte konnten den besorgten Eltern sagen, wie sich Lotta in Zukunft entwickeln würde.

Doch Lotta wurde größer und älter und trotz der unklaren Entwicklungsdiagnose, entwickelte sie sich: Sie fing mit 2 Jahren an zu laufen und ihre ersten Worte sprach sie im Alter von 5 Jahren.

Mittlerweile ist der Wirbelwind Lotta 11 Jahre alt und besucht die 5. Klasse einer Fördereinrichtung in Aschaffenburg.

Auf den ersten Blick fällt die Behinderung von Lotta gar nicht so auf. Sie scheint lediglich etwas verzögert entwickelt zu sein. Doch was der Familie das Leben mit Lotta schwer macht, ist Lottas herausforderndes und impulsiv gesteuertes Verhalten:

Lotta hat einen fast unbändigen Bewegungsdrang. Sie kann nicht still sitzen, muss rennen, hüpfen und kreischt dabei laut. Auch beim Spazierengehen reißt sich das Kind plötzlich und völlig unerwartet los, um zu rennen. Dabei erkennt sie natürlich nicht die Gefahren, wie  beispielsweise die des Straßenverkehrs. Sie reagiert nicht auf Rufe ihrer Mutter und kann somit auch nicht im Notfall einfach zurückgerufen werden.

Generell ist die nicht vorhandene Kompetenz der Gefahreneinschätzung im Alltag ein großes Problem: „Ich musste alle Messer und andere potentiell gefährlichen Gegenstände im Haushalt wegpacken oder für Lotta unerreichbar aufbewahren“, berichtet die Mutter Anna Wenisch.

Die Familie meidet auf Grund von Lottas auffälligen Verhalten zunehmend die Öffentlichkeit.

Alltagssituationen, wie Einkaufen gehen oder gemeinsam als Familie ein Fest oder den Weihnachtsmarkt besuchen, „machen wir nicht mehr gerne“, berichtet Anna Wenisch. An Essen gehen ist gar nicht zu denken, da Lotta nicht sitzen bleiben würde. „Wir haben immer das Gefühl, dass wir angeschaut werden und durch Lottas herausforderndes Verhalten unangenehm auffallen.“

Die Mutter berichtet von einer Situation im Einkaufsmarkt: Lotta reißt sich plötzlich los und rennt weg. Dabei rempelt sie einen älteren Herrn an. Obwohl sich die Mutter sofort bei ihm entschuldigt, schimpft dieser los und wird auch richtig laut. Er sieht nicht, dass das Kind behindert ist. Man merkt, wie sehr dies der Mutter weh tut. „Wir wünschen uns doch nur ein kleinwenig mehr Verständnis“, sagt sie leise. „Denn Lottas ungestümes Verhalten ist Teil ihrer Behinderung und für uns alle sehr anstrengend und eine tägliche Herausforderung.“

Um den beiden Brüdern, die oft genug zurückstecken müssen, ebenfalls gerecht zu werden, trennt sich die Familie häufig: So passt der Papa zu Hause auf Lotta auf, während Anna Wenisch mit ihren Söhnen z.B. ungestört die Festwoche besuchen kann.

Überhaupt sind die Eltern stets gefordert, denn da Lotta keine fremde Person als Aufsichtsperson akzeptieren würde und der Freundeskreis sich zurückgezogen hat, sind Anna und Bernd Wenisch im „Dauereinsatz“. An Urlaub ist gar nicht zu denken.

Zu dem benötigt Lotta täglich Hilfe beim Essen und Anziehen. Durch ihre Ataxie sind ihre Muskeln entweder angespannt oder zu schlaff. Dies bereitet ihr besonders beim Treppensteigen große Probleme. Auch beim Saft einschenken zittert das Mädchen so stark, dass vieles verschüttet wird. Hinzu kommt ihre Sehschwäche: Das räumliche Sehen ist sehr eingeschränkt, doch „eine Brille akzeptiere Lotta leider nicht“, berichtet die Mutter.

Um trotz aller Widrigkeiten ein Familienleben aufrecht zu erhalten und gemeinsam etwas zu machen, unternimmt die Familie zusammen Ausflüge in die Natur. Sie gehen gerne spazieren oder machen gemeinsame Fahrradtouren. Doch auch beim Fahrradfahren erkennt Lotta die Gefahren natürlich nicht und dies birgt wiederum Konfliktpotential: Es gab es bereits mehrmals Situationen, wo Lotta durch ihr ungestümes Verhalten  sich und andere in Gefahr gebracht hat. Da man dem Mädchen ihre Behinderung nicht auf den ersten Blick ansieht, stößt die Familie immer wieder auf Unverständnis, wenn Lotta einfach mal spontan die Spur wechselt, nicht rechtszeitig bremst oder ähnliches macht.

Um  zukünftig nicht auf gemeinsame Fahrradtouren verzichten zu müssen und Lotta dabei jedoch besser „unter Kontrolle“ zu haben, entstand die Idee, ein Tandem anzuschaffen.

Hoffnung Schenken möchte der Familie Wenisch diesen Wunsch gerne erfüllen. Es soll ein ganz klares Zeichen gesetzt werden: Die Familie soll ein Tandem bekommen, damit sie mit ihrem behinderten Kind wieder mehr am Alltagsleben teilnehmen können. Es geht um Teilhabe und Inklusion. Und auch darum, bei den Menschen etwas das Verständnis zu wecken, dass sich manche Behinderungsbilder nicht nur augenscheinlich zeigen, sondern vor allem durch auffälliges und herausforderndes Verhalten. Wie bei Lotta. Und wenn wir Familie Wenisch mit dem Tandem ihren Alltag ein kleinwenig einfacher machen können, dann bleiben wir genau unserem Motto treu: Kinder und Erwachsene in Krankheit und Behinderung unterstützen, den Alltag erleichtern und ein kleinwenig Freude bringen. Jedoch vor allem Solidarität bekunden, damit ihr spürt: Ihr seid nicht alleine, denn wir sind für euch da!

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